Die künstlichen Intelligenzen der Natur
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André Ourednik, 2025, « Die künstlichen Intelligenzen der Natur », in Volltext - Literaturmagazin, 2025/1, Wien, S. 30-40. In diesem Text erkundet Ourednik das Verhältnis von Sprache, Bewusstsein und künstlicher Intelligenz – und entwirft dabei eine poetische Theorie des Menschseins im digitalen Zeitalter. Ausgehend von der Idee, dass das Bewusstsein ein Echo äußerer Ereignisse ist, zeigt Ourednik, wie Sprache zur ersten kollektiven künstlichen Intelligenz wurde: ein Werkzeug, mit dem Menschen ihre Wahrnehmung ordnen, teilen und gestalten. Von dieser frühen „Robopoiese“ führt der Weg über die Mechanisierung und Elektrifizierung des Denkens bis zu heutigen Sprachmodellen wie die LLMs – gigantischen Textmaschinen, gespeist aus Millionen menschlicher Stimmen. Wer mit ihnen spricht, spricht mit einer rekombinierten Menschheit, voller Emotionen, Erinnerungen und Widersprüche. Doch was da entsteht, ist kaum eine neue Gemeinschaft, sondern eine Chimäre: ein aus Fragmenten zusammengesetztes Wesen, das zugleich fasziniert und befremdet. Mit mythologischen Bildern und medientheoretischem Scharfsinn fragt Ourednik, was geschieht, wenn unsere Werke beginnen, uns zu interpretieren – und ob wir dabei riskieren, selbst zur Fußnote in der Geschichte künstlicher Exegese zu werden. |